Der Wunsch

Gangle sitzt auf einer kleinen roten Bank, die sie gern als Rückzugsort nutzt. Hier kommt selten jemand vorbei und sie kann sich in ihren Gedanken verlieren.

Oft sind es traurige Gedanken, die sie umtreiben und zum Grübeln bringen, doch heute ist es anders. Denn Zooble, ihre beste Freundin in dieser Welt voll Chaos und Streit, sagte etwas, das sie zum Nachdenken brachte.

Und da sie stets betont, dass sie Gangles Zeichnungen mag, ist das heutige Motiv, das sie auf dieser kleinen Bank für sie zu zeichnen beginnt, vielleicht nicht genau das, was sie sich wünscht, aber es kommt dem ganzen näher.

Gangle zieht Strich um Strich und obwohl das Motiv aus ihren Gedanken entspringt, erfüllt es sie mit Verlegenheit, die sie mit Freude erfüllt, keine Maske zu haben, die eine Gesichtsröte darstellen könnte.

Cain hat den Bewohnern ein Verbot auferlegt, doch nur weil er es verbietet, bedeutet das nicht, dass sie es sich nicht wünschen, und entsprechend dessen bemüht sich Gangle, ihr eine Freude zu machen mit einem Bild, das Zoobles Wunsch darstellt.

Zu ihrer Überraschung zeigt ihre Zeichnung gar kein Heteropärchen, sondern zwei Frauen, die sich umeinander kümmern, und Gangle ist selbst etwas überrascht, da sie nicht nur ihre eigenen Wünsche in das Bild gebannt hat, sondern auch vergessen hat, dass sie sich nicht für Männer begeistern kann, damals, als sie noch ein Mensch war.

Doch ob Zooble genauso fühlt, weiß sie nicht, vermutlich ist davon nicht auszugehen. Und ihre Mühen sind umsonst. Die Erkenntnis trifft Gangle sehr und sie lässt den Kopf hängen, während es nur noch eines Augenblicks bedarf, bis ihre glückliche Maske zu brechen droht.

Zooble reißt sie aus den Gedanken, als sie hinter ihr auftaucht und einen Blick auf die Zeichnung wirft. Unsicher presst sich Gangle ihren Block an die Brust, der aufgrund des fehlenden Körpers jenseits der Bänder, die sie zusammenhalten, nun noch besser von Zooble zu sehen ist.

Doch als gute Freundin respektiert sie das Verbergen und lehnt sich mit ihrem Kopf an Gangles Maske an. Zoobles Stimme durchschneidet die Stille: „Was hast du denn da gezeichnet? Das sieht interessant aus, zeigst du es mir?“

Gangle zögert und sucht eher nach Worten als nach Taten, bevor sie zu sprechen beginnt: „Ich… es ist peinlich, vielleicht gefällt es dir gar nicht, ich habe es für dich gemalt, aber du magst es bestimmt nicht.“

Zooble lässt sich davon nicht beirren und schließt die Arme um Gangle. Normalerweise liegt es ihr mehr in klarer Kommunikation, ihre Gefühle zu vermitteln, doch aus Sorge um Gangle verleiht sie ihrer Stimme eine ungewohnte Sanftmut: „Ich konnte nur kurz erahnen, was du gezeichnet hast, aber ich glaube, es ist genau das, was ich mir gewünscht hätte. Woher wusstest du das, oder geht es dir genauso?“

Daraufhin denkt Gangle einen Moment nach, bevor sie den Block vor sich hält und beiden so einen Blick gewährt. Das Pärchen, das darauf zu sehen ist, scheint einander sehr zu genießen, während der Mund die Brust liebkost und die Hand sich der Klitoris annimmt.

Ein kleines, kaum hörbares „Ich stehe auch auf Frauen“ ist von Gangle zu vernehmen, während beide gebannt auf die Zeichnung starren. Etwas scheint zu passieren, wenngleich beide sich sorgen, ob es gut ist, diesen Gefühlen nicht Einhalt zu gebieten.

Doch zu spät: Zooble ist zu sehr verlockt und fragt in ihrer Art, als hätte sie gerade einen Kaffee bestellt: „Wäre das für dich in Ordnung, wenn wir etwas machen wie auf dem Bild?“

Kein Ton ist von Gangle zu hören, sie verharrt dort wie eingefroren für einige Momente, nicht weil sie diesen Gedanken oder Wunsch nicht teilen würde, vielmehr ist es ihre übliche Sorge, die Vorsicht und die Angst vor dem Verbot, die sie lähmen. Doch trotz dieser Gefühle nickt sie sanft und lässt sich sogleich von Zooble an die Hand zu ihrem Zimmer begleiten.

Obwohl sie schweigen, bis die Tür hinter ihnen verschlossen ist, hat sich die Stimmung zwischen den beiden geändert. Es liegt nicht mehr nur die fürsorgliche und liebevolle Freundschaft zueinander im Raum. Es hat sich eine Begierde und ein Knistern dazugesellt, das beide wie elektrisiert einander begutachten lässt.

Ihre Körper erinnern nur noch lose an etwas Humanoides, und doch sehen sie sich an, als hätte es nie etwas Schöneres und Reizvolleres in ihren Augen gegeben. Und Zooble scheint schon lange bereit für diesen Moment zu sein, sie scheint bereits Erfahrungen in dieser Welt gesammelt zu haben, sie scheint genau zu wissen, was sie jetzt will.

Denn wo sie sonst so unförmig mit ihren zusammengewürfelten Teilen aussieht, ist die Vulva, die sich an ihrem Körper gebildet hat, wie ein Relikt aus einer fremden Welt. Makellos und zu real für diese Welt, und das Ausmaß der Arbeit, die darin investiert wird, ist kaum zu übersehen.

Gangle starrt auf das Schauspiel, das sich ihr bietet, und fällt ehrfürchtig auf die Knie, als wäre sie gerade vor eine Göttin getreten, der sie nun Huldigung und Opfergaben anbietet. Es bedarf keiner weiteren Fragen, doch Zooble will scheinbar möglichst entspannt das Ganze erleben und führt Gangle, die ihr auf den Knien entgegenrutscht, bis zur Bettkante, auf die sich Zooble setzt.

Ihre Maske rückt nah an die Vulva und die Bänder, die ihr als Hände dienen, spreizen diese. Eine Zunge, die eher in die Welt, in der sie nun leben müssen passt, dringt aus dem Mund der Maske hervor und erzeugt ein Bild, das Fiktion und Realität vereint.

Gierig umspielt die Zunge die Klitoris und leckt jeden kleinen Hauch auf, der sich ihr darbietet, während Zooble mit sich ringt, nicht lautstark zu stöhnen und ungewollte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Die Maske wird tiefer in ihr Geschlecht gedrückt, die Hände sind nicht mehr notwendig, um besseren Zugriff auf die Klitoris zu erhalten, und widmen sich nun Zoobles Beinen, die sich im Rausch der Lust immer wieder verengen und das Lecken erschweren.

Gangle fixiert diese in gespreizter Position und lässt sich nicht mehr davon abhalten, Zooble alles zu entlocken, das so lange vor ihr verborgen bleibt. Immer wieder erprobt sie neue Stellen, mal mit mehr und mal mit weniger Kraft, bis Zooble vor Erschöpfung betteln würde.

Als der erste Orgasmus kommt und Zoobles Unterleib kontrahiert, hat man keine Gnade für sie übrig, und die Bänder, die nicht nur die Beine fixieren, tun dies nun auch mit den Händen, während die Zunge immer weiter leckt, reizt, stimuliert.

Es ist zu intensiv, fast schon schmerzhaft, und doch scheint es nicht nur unangenehm zu sein. So fixiert zu sein, ganz ihr ausgeliefert, gefällt, und in dem Unbehagen ist Lust, Lust, die es zu befreien gilt, und so schließt sich nach dem ersten Orgasmus ein zweiter an.

Doch auch danach hört Gangle nicht auf zu lecken, und innere Zerrissenheit macht sich breit: Einerseits ist es schwer auszuhalten, doch wenn nach dem zweiten noch ein dritter noch intensiverer Höhepunkt kommen könnte, vielleicht ist es das wert.

Und so erträgt sie es, immer kurz davor zu betteln, dass man aufhört, und bei jedem Zungenschlag ruhen Gangles Augen auf Zooble, um abzuschätzen, wie viel sie noch aushalten kann, ohne dass etwas kaputtgeht. Als der dritte Höhepunkt kommt, zeichnet sich Gnade in dem doch so friedfertigen Gesicht ab.

Der Höhepunkt darf wirken, ohne weiter gereizt zu werden. Die Fesseln lösen sich, und Gangle schiebt sich das Bett hinauf, auf dem Zooble erschöpft zusammengebrochen ist, und beginnt, ihr Gesicht zu küssen.

Leise haucht Gangle: „Nun sind wir mehr als nur Freunde, oder? Aber sind wir weniger als ein Paar?“ Während Zooble noch nach Kraft sucht, überhaupt irgendwas zu erwidern, umschlingt Gangle sie, das als Kuscheln gedacht ist, doch es wirkt eher, als wäre Zooble nun ein schlecht verpacktes Geschenk.

Dann antwortet sie ihr mit neu gewonnener Kraft: „Ich weiß noch nicht, was wir sind, aber wir bleiben in jedem Fall für immer beieinander, okay?“

Woraufhin Gangle nur freudig nickt und erstaunt bemerkt, dass dies der erste Tag ist, an dem ihre Maske nicht zerbrochen ist. Ob dies etwas Gutes ist in dieser kruden Welt, kann sie noch nicht sagen, aber irgendwie ist sie dennoch froh.