Das Haustier
Mein Blick fällt unruhig zur Uhr im Wohnzimmer, und mir ist zugegebenermaßen etwas kalt. Doch hat es sich irgendwie ergeben, dass wir immer auf dieselbe Art das Spiel beginnen, und ich bin nicht gewillt, daran etwas zu ändern.
Wenig trage ich am Leib, und das, was ich trage, erzeugt wohl ein Bild voller Irritation für Außenstehende. Doch wenn mein Frauchen endlich die Tür zu unserer Wohnung aufschließt und mich entdeckt, dann hat sie keine offenen Fragen.
Ungeduldig rekele ich mich auf dem Boden und bringe meinen Tail Plug dadurch in Bewegung, was mich nur noch ungeduldiger macht. Ebenso wackeln die mechanischen Öhrchen aufgeregt im Takt meiner bebenden Vorfreude.
Da endlich, der Schlüssel in der Tür, und mit einem bepackten Poltern kommt jemand in die Wohnung und schließt die Tür wieder hinter sich. Noch aus dem Flur schallt es: „Puh, heute war es viel zu unnötig anstrengend, den ganzen Tag Meetings für etwas, das in eine E-Mail gepasst hätte.“
Erst will ich auf allen Vieren zu ihr tapsen und sie freudig begrüßen. Doch sie wirkt zu gestresst, um mich zu bespaßen, und so bleibe ich still auf dem kalten Boden sitzen.
Abgesehen von kleinen fingerlosen Handschuhen im Pfotenlook, kleinen Pfotensöckchen, Stoffknieschonern und dem Halsband gibt es wenig, das Wärme oder Schutz bietet in diesem Moment.
Und als mein Frauchen plötzlich im Türrahmen steht und nachdenklich auf mich blickt, lege ich mich instinktiv flach auf den Bauch und traue mich nicht, sie anzusehen. Doch als sie „Sitz“ ruft, begebe ich mich zügig in eine kniende Position mit den Händen vor den Knien und blicke sie freudig an.
Auf das „Sitz“ folgt ein „Bleib“, und sie verschwindet ins Bad. Ich bin mir sicher, Dankbarkeit wäre das richtige Gefühl gewesen, doch packt mich nach dem geduldigen Warten nun die Ungeduld. Soll ich ihr vielleicht nach? Vor der Tür jaulen? Ein wenig bellen oder mich bloß gemütlich hinlegen?
Schließlich bin ich ein äußerst gewandter Hund mit feiner Nase und guten Ohren. Bevor sie hier ist, merke ich das. Also lege ich mich auf den Rücken und schließe die Augen, für einen Augenblick.
Ein komisches Geräusch reißt mich aus meinen Gedanken, ich schlage die Augen auf und sehe voll Überraschung ins Gesicht meines Frauchens. Und während sie eben noch gestresst vom Alltag wirkt, scheint sie jetzt primär unzufrieden mit mir zu sein.
Unsicher schleiche ich auf allen Vieren ihr entgegen und versuche meinen reumütigsten Blick aufzusetzen. Doch ich komme nicht weit, bevor ein klares „Nein“ die Stille durchschneidet.
Ich bremse erschrocken, und bevor ich erahnen kann, was für ein „Nein“ gemeint ist, gibt sie mir schon die Antwort, indem sie „Sitz, bleib“ anfügt. Somit will sie noch spielen, wenngleich ich mich wohl für ein paar Streicheleinheiten etwas braver präsentieren sollte.
Also sitze ich wie zuvor, den Kopf gesenkt und bemüht, kaum ein Geräusch von mir zu geben. Vermutlich lässt sie mich nur eine Minute so verharren, doch es kommt mir wie eine Ewigkeit vor.
Ein warmes „Na komm her, meine Süße“, und ich steuere so zügig ich kann nah an die Couch heran. Nah genug, damit sie mich berühren kann, und sie beginnt ausgiebig, meinen Kopf zu kraulen.
Währenddessen schiebe ich meine Pfote sanft auf die Couch, und als sie das bemerkt, sagt sie bestimmt, aber deutlich leiser „Nein“, bevor sie meine Pfote von dieser schiebt. Da auf die Couch keine Option ist, presse ich mich eng an ihre Beine, und ihre Hand wandert wild wuschelnd über meinen Körper.
Als mir das ganze nicht mehr aufregend genug ist, werfe ich mich ihr vor die Füße und präsentiere ihr freudestrahlend meinen Bauch. Sie kommt der Einladung nach und beugt sich vor, um mir diesen zu kraulen.
Nach einigen Momenten seufzt mein Frauchen vor Anstrengung und erklärt das Bauch-Kraulen mit „So, das reicht nun erstmal“ für beendet. Etwas, das ich direkt mit Jaulen kommentiere, in der Hoffnung, so ihr Herz zu erweichen.
Sie schnaubt zwar erst, doch dann klopft sie auf die Stelle neben sich auf der Couch. Ich lasse es mir nicht zweimal sagen und klettere sofort zu ihr. Ich bin noch nicht ganz oben angekommen, da mache ich mich schon auf ihrem Schoß breit.
Doch sie lässt ihre Hand nur sanft von den Schultern bis zum Po über meinen Rücken wandern und schenkt so ihrem Hund die Wärme und Geborgenheit, nach der er sich sehnt.
Zaghaft beugt sich mein Frauchen rüber und greift zur Fernbedienung. Der Fernseher geht an, und ein kurzes Knistern erklingt von der Stelle, an der auch die Fernbedienung liegt. Einen Moment später entdecke ich vor meiner Schnauze ein fruchtig-weiches Gummileckerli, das ich vorsichtig mit meinem Maul annehme, um meinem Frauchen mit dem Tatendrang, den ich eigentlich an den Tag legen will, nicht in den Finger zu beißen.
Dafür, dass ich so ungehorsam war, scheint sie mich allein fürs Süßsein mit Leckerchen vollzustopfen, denn nach dem ersten kommen noch drei weitere, die ich schnell verschlinge.
So im Liegen ist es mir nicht gut möglich, mein Stimmungshoch mit der Rute darzustellen, doch ich schlecke ihr ausgiebig über die Hand. Etwas, das sie mit „Ewww“ kommentiert. Ich bin mir sicher, mein Frauchen gefällt es trotzdem.
Nachdem sie sich die Hand an einem Kissen abgewischt hat, fragt sie: „Gassi? Futter und danach Bettchen?“ Und ich belle nur aufgeregt. Als das „Los, runter“ kommt, gehorche ich sofort, und nach kurzem Entschwinden steht sie mit einer Leine im Türrahmen.
Angeleint geht sie mit mir ins Bad, und mein Herz poltert aufgeregt. Denn das Pipi-Machen in der Dusche fordert auf vielen Ebenen viel von ihrem Hund. So beginne ich, nah an ihrer Leine mich vorzubereiten.
Ich knie auf dem Duschenrand, spreize die Beine und senke den Popo. Da meine Rute wenig kraftvoll in Position verharren kann, hält mein Frauchen sie für mich hoch.
Ich spüre durch ihre Bewegungen und meine Bemühungen die Reaktionen in mir, und es gelingt nur schwer, mich zu konzentrieren. Als es mir gelingt zu pinkeln, in dieser Position, vor ihren Augen, fühle ich mich mehr als nur wie ein Hund und kann die Schamesröte leider nicht verhindern.
Normalerweise würde ich mich abputzen, doch das ist als Hund keine Option. Und so gehe ich mit meinem Frauchen an der Leine in die Küche. Sie macht mich von der Leine los und füllt meinen Futternapf mit kugelförmigen Schokocerealien.
Nach einer Abfolge aus „Sitz, bleib und friss“ stellt sie mir den Napf vor die Pfoten, und ich beginne, so gut ich kann, mein Futter zu fressen. Währenddessen kocht sie ihr Menschenessen und reicht mir noch einen Napf mit kaltem Wasser.
Das Wasser trinke ich eifrig, denn nach dem trockenen Abendessen ist etwas Flüssigkeit gern gesehen. Während das Essen auf dem Herd kocht, spült sie die Dusche und reinigt anschließend meine Näpfe.
Als das Essen fast fertig ist, beugt sie sich zu mir herunter, streichelt mich und fragt süß-verträumt: „Hat es meinem süßen Hündchen gefallen?“ Woraufhin ich lautstark belle. Da diese Frage das Ende impliziert, hebe ich sanft meinen Kopf, und sie nimmt mir das Halsband ab, eine eindeutige Geste.
Sanft lehne ich meinen Kopf an ihren, während ich ein gerührtes „Danke“ hauche. Und während wir uns zaghaft küssen, entfleuchen ihr die Wünsche, die ihr Entspannung schenken können.
Nun ist sie dran, nicht ihr Hund wartet auf sie, sondern ihre Ehefrau, die sie versorgt. Nun ist sie dran, sich zu entspannen, und ich bin ein guter Hund: Ich kümmere mich um mein Frauchen.