Das Band
Die Ecke einer kleinen Couch gab mir mit ihrer Armlehne Halt, um mich mutig zu geben, doch war ich bei neuen Begegnungen alles andere als das. Meine Möglichkeiten im Umgang mit anderen waren schon immer begrenzt, und das Konzept von Mimik war in den meisten Fällen ein großes Rätsel für mich.
Mein Gesicht fühlte sich warm an, und mein Blick suchte nur sporadisch den deinen. Öfter aber wanderte er unbeholfen durch den Raum, mit Neugier für das, was es zu entdecken galt, und unfähig, den Blickkontakt aufrechtzuerhalten.
Dein Blick hingegen ruhte auf mir, was nicht verwunderlich war, schließlich war ich das einzig Neue in dieser Umgebung. In Momenten wie diesen fühlte ich mich am wohlsten, wenn ich schwieg und Teil der Schatten wurde, die niemand zu beachten gedachte.
Doch diese Neugier trieb mich hierher, hin zu dir, an einen Ort weit weg von meinem sicheren Zuhause, in die Arme einer Fremden. Ganz fremd warst du vielleicht nicht, bekannt genug jedenfalls, dass sich mein Innerstes danach verzehrte, mehr zu erfahren, mehr zu erleben. Dich mit allem, was mir möglich war, zu erleben.
Neben Fragen, die fast schon unter Smalltalk fielen, und einem angebotenen Getränk, an dem ich primär nippte, um meine Unsicherheiten zu kaschieren, war der Einstieg in unser Miteinander vorsichtig.
Deine Stimme schenkte mir ein Gefühl von Sicherheit, obwohl ich sie heute zum ersten Mal hörte. Sie trug das Potenzial für etwas quirlig Lautes, doch du wähltest bewusst einen sanften, vorsichtigen Ton. Einen Ton, der sich um mich schmiegte und dem Köder ein Bett bot.
Ein bestimmtes Thema begleitete diesen Kontakt. Als du es sanft anschneidest, holtest du ein Seil hervor, dessen Bestimmungszweck dem Thema zugehörig war. Wo meine Augen zuvor noch ziellos gewandert waren, verharrten sie gebannt auf dem Seil und weckten in mir eine ungebremste Begeisterung.
Denn es gab Dinge, die meine Neugier kitzelten. Dinge, die meinem Hyperfokus entsprachen und mich animierten, in solchen Momenten ein Kontrast meiner selbst zu werden. Denn wenn ich erst einmal zu plappern beginne, gibt es nur wenig, was mich zum Schweigen bringen kann.
Und so purzelten die Fragen nur so aus mir heraus, während du zwischen deinen Antworten die kurzen Gelegenheiten fandest, mir ebenfalls Fragen zu stellen. Nach einigen Momenten verbarg sich in deinem Blick etwas, das ich nicht recht deuten konnte. Doch als du fast schon verspielt fragtest, ob ich herausfinden wolle, wie es ist, schien die Antwort längst klar gewesen zu sein.
Wie bei allem anderen in diesem Bereich waren Konsens und Kommunikation essenziell. Und statt sich wie wilde Tiere aufeinander zu werfen, begannen wir ein neues Gespräch über Dinge, die wir uns wünschen, die okay sind, Dinge, die vielleicht okay sein könnten, bis es jemand anders sagt, und vor allem über Dinge, die absolut nicht gehen.
Das Gespräch implizierte die beidseitige Bereitschaft, doch bekundeten wir diese erneut, um einander nach all den Informationen sicher zu sein. Der Einfachheit halber einigten wir uns auf das Ampelsystem und ein Klopfen, ähnlich der Aufgabe beim Judo, als klares Zeichen zum Stoppen.
Auch wenn ich nicht davon ausging, dass eines von beidem nötig sein würde, bot es doch eine Sicherheit, die unverzichtbar war. Denn selbst wenn alles glatt lief, konnten Körper und Seele Schaden nehmen, und umso wichtiger war es, Vorsicht walten zu lassen, wenn es einmal nicht glatt lief.
Als die Bedingungen auf theoretischer Ebene geschaffen waren, galt es nun, der Praxis den Weg zu ebnen. Mein erster Gedanke galt deinem Bett, doch dieses würde mit seiner Größe und mangelnden Stabilität kaum gewährleisten, dass jede Bewegung den eigenen Intentionen entspricht.
Also ließest du mich für einen Moment zurück und kehrtest mit einer Tatami-Matte zurück, die du unweit der Couch auf dem Boden ausbreitetest. Es bedurfte keiner Worte, um mich von der Couch auf die Matte zu bitten, denn ihrem stillen Ruf folgte ich bereits, als sie sich auf dem Boden eingefunden hatte.
Ich nahm Platz in einer Position, die mir angenehm erschien, wenngleich mein üblicher Kontakt mit solchen Matten andere Positionen erforderte. Dennoch beseelte mich ein Gefühl der Nostalgie.
Dein Blick musterte mich, vermutlich vor allem meine Kleidung. Obwohl es schien, als würdest du mit den Gegebenheiten arbeiten können, war es mir ein Anliegen, mir die Haare zu einem Pferdeschwanz zu binden und mein Oberteil auszuziehen.
Unter dem Oberteil kam ein Bralette zum Vorschein, das sich, mitsamt den Leggings, bemühte, meinen Oberkörper zu verhüllen. Doch an allen Ecken brach weißes Fleisch hervor, und weit aufgefächerte Narben.
Während ich mich erspürte, in diesem Moment, an diesem Ort, zusammen mit dir, schien etwas in mir mich dazu zu verführen, auch das Bralette auszuziehen. Doch wollte ich es ausziehen, um das Seil besser wahrnehmen zu können, oder war es dir gewidmet?
Eine Frage, die ungeklärt blieb und zu verwirrend für mich war, als dass ich ihr hätte nachgehen können. Somit war deine Ausgangslage eng anliegende Kleidung, mitsamt ein wenig freier Haut am Oberkörper.
Du warst nicht hier, um mich zu dominieren. Nicht, um deinen Sadismus Gestalt annehmen zu lassen. Es galt, das Unterfangen losgelöst zu betrachten, auch wenn es alles gleichzeitig sein konnte. Es ging darum, mich zu schnüren, zu binden, zu beherrschen. Ein sanfter Tanz aus Kontrolle und Zärtlichkeit, gepaart mit einer Prise Schmerz, aus meinen Wünschen heraus ersonnen.
Der Platz hinter mir galt dir, und ich ließ mich sanft führen, gab jeder deiner Bewegungen nach, während sich das Seil über meinen Körper legte. Meine Lider begannen sich im Rausch zu schließen.
Die Wärme deines Körpers bereitete mir ein wohliges Kribbeln und bot dem festen Seil einen reizvollen Kontrast. Es schlang sich über mein Fleisch, schnürte, wanderte. Zug um Zug verlor ich mich im Gefühl, während ich nach und nach meine Mobilität verlor.
Doch nicht jede Bewegung galt einer neuen Umschlingung. Vielmehr bot das Seil das Potenzial, Druck zu erzeugen, Schmerz zu offenbaren und mir ein gieriges Stöhnen zu entlocken, als der Hals in den Fokus geriet.
Ich ließ mich von dir führen. Und obwohl es eine lustvolle Kunstform war, die du an mir zu praktizieren begonnen hattest, war ich jedes Mal ein wenig mehr in Verlegenheit versetzt, wenn es mir Lust bereitete.
Etwas, das mich hinterfragen ließ, was ich mir versprochen hatte, wenn es nicht eben jene Lust war, die es hervorzulocken galt. Ebenso fragte ich mich, welche Gedanken dich in solchen Momenten durchwanderten. Was war es, das dich antrieb? Gefielen dir die Klänge, die du hervorbrachtest, oder störten sie bei der Professionalität, bei der Kunst?
Die Minuten verstrichen, und ich zählte beinahe ängstlich jede vergehende Sekunde. Denn so sehr ich die Momente genoss, so sehr wusste ich, dass sie ein Ende finden würden. Ich wollte auskosten, was mir blieb, solange es verblieb. Doch ich sah das drohende Ende mit Schrecken.
Was zuvor noch gebunden und geknotet war, begann sich zu entwirren und zu lösen. Mit jedem Moment, in dem weniger Seil mein Fleisch berührte, nahm deine Hand seinen Platz ein, um mich sanft zu umschmiegen. Deine Worte besiegelten das Ende und geleiteten mich mit meinem Kopf auf deinen Schoß.
Ich genoss die Fürsorge, dein sanftes Streicheln, während wir besprachen, wie es war, wie es mir ging und ob ich etwas brauchen würde. Ich fühlte mich geborgen und gut aufgehoben.
Während meine Augen die deinen suchten, schienen die Hormone ihr Übriges zu tun und mir die Selbstbeherrschung abzuringen, einen Kuss zu erhoffen. Mit Mühe gelang mir das, doch auch dies würde Teil dieser warmen Erinnerung dieses Tages werden.